BIOGRAPHIE

Foto Wolfgang Koch

geb. in Berlin 1933
Malerlehre 1948
Lehre als Schaufensterdekorateur 1954
verschiedene Tätigkeiten ab 1956
(Fotograf-Theater)
Schauspielschule Else Bongers
Malerei ab 1970
Ausstellungen ab 1972
Studienreisen
England 1979
lrland 1980
Venedig 1982
2007

SFB - 1983 - Interview mit Wolfgang Koch - Dr. Biewald

Gebrochener Realismus

"Seltsam im Nebel zu wandern", so beginnt ein Hesse-Gedicht, das sich dem Betrachter der Bilder Wolfgang Kochs aufdrängt. Nicht nur Menschen im Nebel, wie auf dem abgebildeten Ölbild von 1975, einsame, seltsame Gestalten, verloren in der Umwelt, sind Kochs Motive. Auch die Einsamkeit von Straßen und Plätzen, Giebeln und Landschaften werden immer wieder von Koch gestaltet, so daß man den Gedanken Hesses weiter nachgehen kann: "Leben ist Einsamkeit, kein Mensch kennt den anderen, jeder ist allein!"

Wolfgang Koch wurde 1933 in Berlin geboren.

Nichts deutet in den ersten Jahren seiner Maler- und Tapeziererlehre darauf hin, daß er einmal Eindrücke und Gedanken über Einsamkeit mit bildnerischen Mitteln darstellen würde. Er macht seinen Gesellenbrief als Baumaler. Obwohl er Bühnenbildner werden möchte, arbeitet er aus finanziellen Gründen zunächst in seinem gelernten Beruf, besucht aber allabendlich eine private Dekorationsschule, um seinen eigentlichen Berufswunsch auf ein festes Fundament zu stellen.

Er probiert, die Regeln seiner beruflichen Ausbildung auf die Leinwand zu übersetzen, und spürt dabei, wie ihm das Material der Ölfarben zur Aussage entgegenkommt. Als habe er nun zum Wesentlichen gefunden, malt er nur noch. Da seine Technik, wegen des langen Trocknungsprozesses, kein schnelles Produzieren zuläßt, malt er an mehreren Bildern gleichzeitig.

Motive für seine elegisch gebrochenen Farben, seine melancholisch getragenen Gedanken findet er immer: Einmal ist es der vermauerte Eingang des Bahnhofs Potsdamer Platz, vor dem ein alter Mann über den vergangenen Trubel der zwanziger Jahre sinniert, ein anderes Mal ist es ein traurig im Frühnebel hängendes Zirkuszelt - weit entfernt vom Jubel und Trubel der Vorstellungen! Häufig sind es Berliner Motive, die den Anstoß zu Bildern geben, aber nie im Sinne der gängigen Ansichtskarten. Immer ist der Mensch zur Stadt im Widerspruch, ist es die Stadt, die den Menschen nicht annimmt: Da gibt es klassische Berliner Giebel, aber kein Fenster führt zur möglichen Kommunikation, die Häuser stehen als abweisende Burgen, als unpersönliche Steinklötze da.

Koch ist gegen gewollte chaotisch-unästhetische Bildaussagen, so wie grelle, plakative Farben nicht seine sind. Koch stellt seine Figuren nicht etwa menschenfeindlich-gehässig dar, selbst Themen wie der "Weiberstammtisch" von 1974 und sein "Bordell"-Bild (1975) zeichnen fröhlich-realistisch menschliche Schwächen auf.

Ein besonderes Thema sind bei Koch die Bäume: Fast alle Bäume sind kahl, laublos, leblos, es ist Herbst oder Winter. Dennoch wird jeder Baum, der einsam, unverrückbar für sich da steht, mit besonderer Liebe und Akribie gemalt. Aber so einsam auch der einzelne Baum stehen mag, findet er doch bei Koch seine Funktion, wie in "Mutter und Kind" von 1975, wo die Kronen der penibel genau gezeichneten Bäume sich oben zu einem beschützenden Laubengang über der Mutter mit dem Kind schließen.

So kommt es dann zum Schluß heraus, daß Wolfgang Koch mit seinem "Gebrochenen Realismus" - gebrochen in Farben, Himmel, Stimmungen - doch kein gebrochenes Verhältnis zur Umwelt und zum Menschen hat.

Dieter Biewald (aus: Wolfgang Koch - Katalog, 2004)